Rathaus Oberjosbach
Das Alte Rathaus gehört zur historischen Ortsmitte mit den Fachwerkhäusern, dem Gasthaus "Zum Lindenkopf" und der Kirche.
Das Rathaus wurde 1921-1924 erbaut und später immer wieder erweitert. Zuletzt wurde es im Rahmen der Dorferneuerung 2014 grundlegend saniert.
Das Gebäude beherbergt heute
- das historische „Backes“ (Backhaus)
- der Sitzungssaal des Ortsbeirats
- das Büro des Ortsgerichts
- die Heimat- und Geschichtsstube
- der zum Veranstaltungsraum umgestaltete Wiegeraum sowie
- im Dachgeschoss eine Mietwohnung
Das "Backes" und die "Heimat- und Geschichtsstube" wurden vom Verein für Heimat- und Kulturpflege Oberjosbach hergerichtet und betreut.
Der "Alte Wiegeraum" wurde im Rahmen der Rathaussanierung 2014 neu gestaltet und kann vom Vereinsring Oberjosbach für kleine Veranstaltungen, private Feiern usw. gemietet werden. Er ist für Veranstaltungen bis zu 30 Personen geeignet - eine Küchenzeile ist vorhanden.
Geschichte des Rathauses
Auf dem Platz des heutigen "Alten Rathauses" wurde bereits im Jahre 1700 ein Rathaus mit Backhaus errichtet.
Es ist zu vermuten, dass das damalige Gebäude im Zusammenhang mit der Pflichterrichtung von Gemeindebackhäusern stand. Die bis dahin üblichen privaten Backeinrichtungen wurden nämlich aus Brandschutzgründen verboten. Hinzu kommt, dass Oberjosbach seinerzeit ein wohlhabender Ort war (Holzkohle), der sich ein solches Gebäude leisten konnte.
Das nachstehende Bild wurde ca. 1900 aufgenommen und zeigt rechts vom Kirchenaufgang das noch freistehende Backes neben dem um 1700 erbauten Rathausgebäude. Das Gebäude links steht noch heute.
Am gleichen Ort entstand 1921-1924 auf vergrößerter Grundfläche das heutige Gebäude mit Backes, Feuerwehrunterkunft (s. Symbol über dem Wiegeraumtor), öffentlicher Viehwaage (Wiegeraum), Ratssaal und öffentlicher Verwaltung (Bürgermeister).
Im Laufe der letzten 100 Jahre beherbergte das Rathaus darüber hinaus einen Kindergarten, eine Arztpraxis, einen Schulraum sowie Unterkunft für Vertriebene und Obdachlose.
Die Zeichnung zeigt das Rathaus in den 1960er Jahren - mit dem alten Dorfbrunnen und dem später abgerissenen alten Pfarrhaus. Im Hintergrund der markante Kirchturm der nach dem 2. Weltkrieg neu erbauten Kirche St. Michael.
Wiegeraum / Feuerwehr
Der Wiegeraum mit dem großen Rundbogen-Tor trägt diesen Namen, weil dort die öffentliche Gemeindeviehwaage stand, die bis in die 1960er Jahre genutzt wurde. Bis 1937 nutzte die örtliche Feuerwehr den Raum für ihre Ausrüstung – das Zeichen über dem Tor zeugt noch davon.
Unter dem Wiegeraum befindet sich eine große Zisterne, die damals von der Feuerwehr genutzt wurde. Diese wurde von einer Quelle am Ende der Althofstraße gespeist. Die Quelle lieferte auch das Laufwasser für den alten Dorfbrunnen, der bis 1969 rechts vor dem Wiegeraum stand.
Erweiterungen / Geänderte Nutzungen
Die Feuerwehr zog 1937/38 aus, in das neu erbaute Spritzenhaus in der Jahnstraße (heute Vereinsheim der Kerbegesellschaft Veilchenblau). Ebenfalls 1937/38 wurde der Raum über dem linken Teil der Backstube errichtet (Bürgermeisterzimmer bis 1977). Heute ist der Raum Teil der Heimat- und Geschichtsstube.
Von 1938 bis Anfang der 1940er Jahre beherbergte das Rathaus den Kindergarten. Nach dem 2. Weltkrieg wurde im Obergeschoss eine Notunterkunft für Vertriebene eingerichtet. Im Rathaus wohnte auch die "Benderelse", die bis in die 1960er Jahre als "Dorf-Ausschellerin" tätig war. Ihre Glocke steht heute neben vielen anderen Relikten aus vergangener Zeit in der Heimat- und Geschichtsstube.
Ende 1946 wurde im Rathaus die Arztpraxis des Dr. Jakob Wittemann eingerichtet. Im Ratssaal wurde mit einer Holzwand ein kleiner Bereich als Behandlungsraum abgetrennt, der Rest des Raumes diente als Warteraum. Dieser Teil diente auch als Sitzungsraum für die Gemeindevertretung.
1964 wurde von den damaligen Schülerinnen und Schülern unter Anleitung von Lehrer Seiler ein großes maßstabsgerechtes plastisches Modell des Dorfes erstellt. Es hing bis zur Rathaus-Sanierung 2014 an der Rückwand des Ratssaals. Da es brüchig geworden war, wurde es fotografisch dokumentiert und abgebaut. Ein kleiner Teil davon kann als Abbild mit den Original-Häuschen im Flur vor der Heimat- und Geschichtsstube betrachtet werden. Es zeigt die Situation Anfang der 1960er Jahre.
1966 wurde im Ratssaal ein Klassenzimmer eingerichtet, weil die alte Schule nicht mehr genügend Platz bot. Bis in die 1970er Jahre fand im Ratssaal sonntags ein evangelischer Gottesdienst statt.
Nutzung nach der Eingemeindung
Mit der Eingemeindung von Oberjosbach 1977 wurden die Räume des Rathauses durch die Finanzverwaltung der Großgemeinde Niedernhausen genutzt (bis zum Ausbau des Niedernhausener Rathauses). Nach Auszug der Finanzverwaltung 1983 wurde die Heimatstube eingerichtet. Sie ist ein Ort, an dem die Geschichte des Ortes seit nunmehr 40 Jahren erlebbar ist. Die Heimat- und Geschichtsstube wird im Rahmen des KGV-Weinstands vor dem Rathaus am 15. Juni 2024 geöffnet sein – Vertreter des Heimat- und Kulturvereins werden Erläuterungen geben und für Fragen zur Verfügung stehen.
Ein weiterer Raum wurde bis in die 1990er Jahre von der NABU-Gruppe Niedernhausen genutzt, heute befindet sich darin das Oberjosbacher Ortsgericht.
Der renovierte Ratssaal kann seit den 1980er Jahren von den Oberjosbacher Vereinen als Versammlungsraum genutzt werden.
Backes
Das historische Backes wurde bis Ende der 1950er Jahre als öffentliches Backhaus genutzt. Ab 1977 wurde es unter Federführung des neuen Vereins für Heimat- und Kulturpflege wieder nutzbar gemacht. Monatlich backt das Team um Winfried Kilb die begehrten Sauerteigbrote – die Warteliste dafür ist lang.
Grundlegende Sanierung und erneute Erweiterung
2014 wurde das Rathaus im Rahmen der Dorferneuerung saniert und erhielt einen Anbau mit moderner Toilettenanlage und einem Holzlager für das Backes. Der Wiegeraum wurde vom Lagerraum zu einem attraktiven Veranstaltungsraum mit Küchenzeile umgebaut, der beim Vereinsring auch für private Zwecke angemietet werden kann.
Das nachfolgende Bild zeigt das Rathaus vor der Sanierung 2014 mit dunklem Kunstschieferdach, einfachen und dunkel gestrichenen Fenstern und Türen und sandsteinfarben überstrichenen Einfassungssteinen.
Rathaus vor der Sanierung 2014
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass unser Rathaus über viele Jahrzehnte ein Symbol für Aktivität und Zusammenhalt ist.
Rathaus mit dem Anbau von 2014 (rechts)