Was fliegt da in der Luft?
Mit der Kitzrettung unterwegs
Ein Bericht von Thomas Hiess, Jagdpächtergemeinschaft Oberjosbach
Sonntag früh, 6.30 Uhr aufstehen und auf den Anruf der Kitzretter warten. Denn wir sind nicht der erste Einsatz für die Retter heute früh. Dann, um 8.15 Uhr sind sie da und wir – vom Jagdrevier Oberjosbach – sind bereit. Treffpunkt ist direkt im Revier. Zwischen Niederjosbacher Straße und Hartemuß platziert sich die Kitzrettung auf einem querenden Feldweg. Der erhöhte Standort gibt einen guten Überblick über die abzusuchenden Wiesen.
Die Kitzrettung Rheingau-Taunus e. V. besteht aus einem Team ehrenamtlicher Drohnenpiloten und Kitzretter und war heute unter Mithilfe des Feuerwehr Löschverbandes Oberseelbach-Lenzhahn e.V. vor Ort. In Summe rund 15 Personen, all dies wird im Ehrenamt erledigt.
Die beiden Männer des Löschverbandes steuern die Drohne und werten die Bilder der Wärmebildkamera direkt am großen Bildschirm aus. Dann wird es spannend, auf dem Bildschirm zeigt sich ein weißer Fleck, ein Thermozeichen, und die Konturen zeigen, dass in der Wiese ein Rehkitz liegt. Mittels heranzoomen wird schnell klar – ja, dort liegt ein Kitz. Solche Übungen sind für die Drohnenpiloten des Löschverbandes eine sehr gute Vorbereitung auf Einsätze, wenn es um die Suche nach z.B. vermissten Personen geht.
Nun machen sich die Kitzretter bereit. Es werden Einmalhandschuhe angezogen und bestückt mit der Bergungskiste wird das Team per Funk an die Liegestelle gelotst. Ganz wichtig beim Bergen ist das Tragen von Handschuhen, denn die Kitze dürfen nicht mit bloßer Hand berührt werden. Auch die Berührung der Kitze durch z.B. freilaufende Hunde birgt die große Gefahr, dass die Ricke ihr Kitz nicht mehr annimmt. Zur Sicherheit wird ein Büschel Gras in die Hände genommen und dann wird das Kitz behutsam und dennoch beherzt in die Kiste gebettet. Nach der Mahd werden die geborgenen Kitze wieder freigelassen. Daher macht sich auch der Landwirt auf den Weg, um unmittelbar nach Abschluss der Suche dann unverzüglich mit der Mahd beginnen zu können. Für den Landwirt ist der Weg nicht weit; er kommt aus Niederjosbach hochgefahren.
Doch nicht alle aufgespürten Rehkitze lassen sich von den Kitzrettern bergen. Die meisten der Kitze haben bereits einen Fluchtinstinkt ausgebildet und konnten abspringen. Das ist den Rettern am liebsten. Denn dieses Verhalten zeigt, dass die Kitze in der Lage sind, sich vor dem herannahenden Mähwerk selbst in Sicherheit zu bringen. Trotzdem werden Kitzretter abgestellt, um dem Landwirt hier aufzuzeigen, wo Kitze abgesprungen sind.
Rehkitze sind Ablegetypen. Sie folgen der Ricke erst nach zwei bis vier Wochen vollständig. Bis dahin drücken sie sich bei Gefahr im Gras. Gegen natürliche Feinde stellt dieses Verhalten einen guten Schutz dar – nicht dagegen bei der Mahd. Wichtig ist nur, dass die Kitze nicht in der Wiese liegen, wenn das Mähwerk am Arbeiten ist.
So reiht sich eine Bergung nach der anderen aneinander, bis alle betreffenden Wiesen abgesucht sind. Das ist nicht ganz unanstrengend für die Kitzretter. Es müssen schon einige Meter durch das mal mehr oder weniger hohe Gras zurückgelegt werden und das bei steigenden Temperaturen. Daher macht eine Suche nur am frühen Morgen Sinn, wenn es noch frisch und kühl genug ist, um das zu schützende Leben mit der Wärmebildkamera ausfindig machen zu können.
Nach knapp drei Stunden ist es dann vollbracht: 18,5 ha (oder 185.000 qm!) wurden mit der Drohne abgesucht, 11 Rehkitze vor dem Mähtod bewahrt und der Einsatz der Kitzretter erfolgreich beendet. Glücklich und zufrieden begeben sie sich auf den Heimweg. Doch der nächste Einsatz kommt bestimmt ganz bald; es sind noch viele Wiesen hier und im Umkreis zu mähen.
Der Erfolg dieser Aktion hängt von einem guten Zusammenspiel aller ab. Daher erfolgen Suche und Mahd in enger Absprache zwischen Landwirt, Kitzrettung und Jagdpächter. Bei uns hat das Zusammenspiel super geklappt. Vielen Dank auch an den Landwirt (Michael Bendel).
Wir wünschen der Kitzrettung viel Erfolg und sagen herzlichen Dank für ihren heutigen Einsatz und ihr großes ehrenamtliches Engagement. Respekt für ihre Arbeit! Uns hat es jedenfalls große Freude bereitet, sowohl die Zusammenarbeit als auch das Ergebnis. Gerne haben wir dies mit einer Spende zum Ausdruck gemacht.
Wollen auch Sie spenden? Dann werfen Sie einen Blick auf deren Homepage unter https://kitzrettung-rheingau-taunus.de/. Dort gibt es weitere Informationen und Hintergrundwissen.
Aber auch die Homepage der Freiwilligen Feuerwehr Oberseelbach-Lenzhahn unter https://www.loeschverband-il.de/ ist einen Blick wert. Dort wird u.a. super erklärt, wie das mit der Drohnentechnik funktioniert. Deren Drohnenabteilung ist derzeit in der Task Force ASP zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest unterstützend eingebunden und wurde noch am gleichen Nachmittag zu einem Einsatz im Raum Wiesbaden angefordert.
Das Team der Kitzrettung in Oberjosbach (Foto: Foto Thomas Hiess).